Die Sommersonnenwende ist eines von vier Sonnenfesten. Die Sonne hat nun ihren höchsten, nördlichsten Stand erreicht und kehrt WENDE: Ab jetzt wandert sie wieder in Richtung Äquator bzw. südliche Halbkugel. Astronomisch gesehen beginnt nun der Sommer und je weiter wir in den Sommer voranschreiten, desto mehr Feuerkraft und Wärme können wir tanken. Zu Zeiten der Kelten begann der Sommer bereits zu Beltane am 1. Mai. Für sie war die Sommersonnenwende die Sommermitte (Mittsommer). Die Natur steht in voller Blüte und Pracht. Früchte reifen heran.

Themen wie Fülle und Dankbarkeit, Reife und damit verbundene Geduld stehen hier im Vordergrund.

Es heißt, dass zu dieser Zeit, genau wie zur Wintersonnenwende, der Jahreskreis 12 Tage lang stehen bleibt, bevor er sich weiterdreht. Und so lange wurde gefeiert. Und obwohl jetzt die Zeit im Jahr beginnt, bei der es zunehmend heißer wird, tauchen wir mit der Sommersonnenwende in die dunkle Jahreshälfte ein. Die Lichtstunden nehmen nach und nach wieder ab und die dunklen Stunden nach und nach wieder zu. Für manche Menschen ist der Gedanke, dass jetzt, wo es gerade schön warm wird, die Tage wieder kürzer werden, traurig. In anderen (z. B. östlichen oder in matriarchalen) Kulturen oder bei Naturvölkern ist das anders. Deren Denkweise ist, dass die Dunkelheit schon vor dem Licht da war und dass alles aus ihr heraus geboren wird. Man könnte sagen, dass Dunkelheit die Mutter des Lichts ist. So wird z. B. neues Leben aus der Dunkelheit heraus geboren – im Mutterleib, in einem Ei oder unter der Erde ist es dunkel. Währenddessen für uns heute der Tag mit dem Sonnenaufgang beginnt, beginnt er für andere Kulturen bereits in der Nacht. Oder das Jahr fängt bei ihnen nicht mit dem Frühling an, sondern im Winter, wenn alles dunkel ist. Der mächtigste Tag der Sonne ist gleichzeitig ihr „Niedergang“ und der Anfang eines Halbjahres, bei dem alles wieder langsamer wird, zurückgeht, abnimmt.

Diesen Wendepunkt kann man auch gut in der Natur beobachten: Im Mai ist die Natur geradezu explodiert und alles ist ganz plötzlich grün geworden. Jetzt tauchen wir in eine Reifephase ein. Vorher haben die Pflanzen all ihre Kraft in das Wachstum gesteckt. Jetzt geht ihre Energie auch in die Ausbildung von Früchten (bei manchen Pflanzen sogar schon in die Samen). Die Blätter fangen langsam an, etwas weniger knackig und frisch auszusehen, da sich die Pflanze nun auf die Frucht konzentriert. Noch ist dieser „Umschwung“ wenig sichtbar, aber je weiter wir im Jahr voranschreiten, desto deutlicher wird dieser Prozess zu sehen sein.


Der Sonnen- und Jahreskreiskönig Baldur, der zu Beltane die Frühlings- und Vegetationsgöttin geheiratet hat, strahlt so schön und kräftig wie nie. Er wärmt die Erde, lässt Blüten sprießen und Früchte austreiben und reifen. Jedoch ist sein Höhepunkt auch sein Niedergang, denn er wird zur Sommersonnenwende tödlich verletzt und stirbt. (Analog dazu hat auch die Sonne den höchsten bzw. nördlichsten Stand erreicht und wandert nun wieder „abwärts“ bzw. Richtung südliche Halbkugel.)

Eines Nachts wurde der junge Sonnenkönig von dunklen Träumen aufgesucht, was die Götter als einen baldigen Tod interpretierten. Frigg, Baldurs Mutter und Odins Frau, fuhr daraufhin durch alle Welten, um allen Wesen und Kräften den Eid schwören zu lassen, Baldur nichts anzutun. Nur der Mistel verlangte sie keinen Schwur ab, weil sie ihr zu schwach und jung vorkam. Der junge Sonnengott Baldur galt deshalb als unverwundbar.

Loki (oder Lugh), der eher zwielichte Feuergott, dem man nicht Recht vertrauen kann, weil er mal Gutes und mal Böses will, hatte davon Wind bekommen und fertigte einen Pfeil aus Mistel an, der Baldur zur Sommersonnenwende tötet.

Baldurs Leichnam wurde von einem Schiff aufs Meer hinausgetragen und zu Hel, der Herrscherin der Unterwelt, Frau Holle, gebracht. Es heißt, dass die Tränen der Götter um den sterbenden Baldur sich im Nachttau zeigen, der die Wiesen benetzt. Der Feuergott Loki (oder Lugh) wird Baldurs Nachfolger und mit ihm wird auch die Sonne in den nächsten Wochen noch heißer.

(Übrigens: Die Mistel wird auch dem Winter zugeordnet, weil sie ihre Früchte im Winter trägt. Symbolisch gesehen tötet also der Winter den Sommer.)


Die Frühlings- und Vegetationsgöttin ist seit Beltane weiter gereift und mit ihr in ihrem Bauch der neue Sonnengott bzw. Jahreskreiskönig, der zur Wintersonnenwende geboren werden wird. In den verschiedenen Kulturen und Epochen hat diese Göttin andere Namen, aber sie ähneln sich alle.

Die Sommergöttinnen sind sinnliche, mütterliche, partnerschaftliche Göttinnen, die die anderen umsorgen. Sie haben einen nährenden und schützenden Aspekt. Es sind Göttinnen des Überflusses und der Fülle. Ein griechisches Göttinnenbild wäre z. B. Aphrodite, bei den Römern wäre es Venus. Bei den Indern ist es die Göttin Lakshmi. Sie ist die Göttin des Glücks, des Reichtums und der Fülle. Ihr heiliges Tier ist die Kuh. Auch sie symbolisiert Fülle und Überfluss. Die Farbe Rot wird gerne mit der Sommergöttin assoziiert: Rot wie die Liebe und diese sehr sinnliche Jahreszeit, in der unsere Sinne mit den schönsten Düften, Geschmäckern, Farben und wärmenden Sonnenstrahlen verzaubert werden. Aber auch Rot wie Blut: z. B. Menstruationsblut. Jeden Monat aufs Neue durchlebt eine Frau in ihren fruchtbaren Jahren eine Wandlungskraft in ihrem Schoß und kann neues Leben, neue „Früchte“, heranwachsen lassen. Wir dürfen uns daran erinnern, dass das ein ziemliches Wunder ist und besonders jetzt in dieser sinnlichen Zeit ehren und feiern.


Johanniskraut

Das Johanniskraut erhielt seinen Namen, als es Johannis dem Täufer geweiht wurde. Ein alter Name der Pflanze ist Teufelsflucht, weil es das Dunkle (das Böse, den Teufel) vertreibt. Es ist ein altes Schutzkraut, dass Licht ins Dunkel bringt. Man legte es auf Häuserdächer oder hing es über Fenster und an Stalltüren, um Haus und Hof mit Licht zu segnen und den Blitz bzw. die Gewittergötter abzuwehren. Das Johanniskraut war die Lieblingspflanze des Sonnengottes Baldur. Die rote Farbe, die entsteht, wenn man es zwischen den Fingern zerreibt, ließ symbolisch an das Blut Baldurs denken, der zur Sommersonnenwende stirbt. Später, mit der Namensgebung „Johanniskraut“ symbolisierte die rote Farbe das Blut Johannis. Dieser dunkelrote Farbstoff nennt sich Hypericin. Es speichert die UV-Strahlen der Sonne. Wenn man die Pflanze gegen das Licht hält, erkennt man sehr gut die kleinen Öldrüsen, die die Hypericinspeicherzellen enthalten. Sie sehen aus wie kleine schwarze Punkte. Ganz so, als wären die Blätter durchlöchert. Daher auch das Wort „perforatum“ in seinem Namen. „Perforatum“ heißt auf Latein durchlöchert. Das Johanniskraut erhielt seinen Namen, als es Johannis dem Täufer geweiht wurde. Ein alter Name der Pflanze ist Teufelsflucht, weil es das Dunkle (das Böse, den Teufel) vertreibt. Zur Sommersonnenwende sollte die Pflanze mit einem starken Bezug zum Licht helfen, der Sonne und den Sonnengöttern näher zu kommen und sich mit ihnen zu verbinden. Man glaubte, das Dunkle (Krankheit, Fluch und Böses) dadurch abwehren zu können.

Heute wird das Johanniskraut am meisten für seine antidepressive (lichtbringende) Wirkung gerühmt.
Außerdem erwärmt es die Seele, beruhigt, entspannt und verbessert dadurch den Schlaf. Es stärkt die Nerven, löst Krämpfe, hemmt Entzündungen, unterstützt die Wundheilung, stillt Schmerzen und wirkt antibakteriell und antiviral.

Es werden die Blüten bzw. das blühende Kraut verräuchert. Dazu wird es an einem heißen Tag um die Sommersonnenwende herum geerntet und anschließend an einen warmen, gut belüfteten Ort ohne direkte Sonneneinstrahlung zum Trocknen aufgehängt. Johanniskraut verräuchert sich am besten auf einem Räuchersieb.
Auch beim Räuchern schenkt es Wärme und Licht und spendet dadurch Trost und Geborgenheit. Anspannungen, Unsicherheit und Ängste können sich auflösen. Man nutzt Johanniskraut auch um Räume zu reinigen und zu segnen.

Beifuss

Beifußgewächse werden seit Menschengedenken und auf allen Kontinenten genutzt und als besondere Zauber- und Ritualspflanze geschätzt. Seinen botanischen Namen verdankt der Beifuß der Göttin Artemis. Sie ist in der griechischen Mythologie die Göttin der Jagd, des Waldes, der Geburt und des Mondes und beschützt Frauen und Kinder. Artemis trug einen Gürtel aus geflochtenem Beifuß, der ihre Kräfte zu verdoppeln vermochte. Auch der germanische Donnergott Thor trug einen Gürtel aus Beifuß, der ihm nicht nur verhalf, Kämpfe mit Ungeheuern zu gewinnen und gefährliche Reisen zu überstehen, sondern seine erotischen Kräfte stärkte. Der Liebes- und Fruchtbarkeitszauber des Beifußes besteht darin, den weiblichen Schoß zu erwärmen und zu öffnen und dem Mann die Kraft des Donnergottes zu verleihen. Die Wurzel wurde als Amulett gegen Müdigkeit getragen. Ein Sträußchen an die Eingangstür oder Stalldecke gebunden, sollte vor Blitz und bösem Zauber schützen. Beifuß gehört mit Johanniskraut zu den wichtigsten Sonnenwendkräutern.

Beifuß ist eine wichtige Heilpflanze für Frauen.
Das herbarum mater (Mutter aller Kräuter), wie es im Mittelalter genannt wurde, wurde schon in der Steinzeit als Frauenheilmittel genutzt. Mit Sitzbädern regte man die Menstruation an und der Tee halft, die Nachgeburt oder den toten Fötus herauszutreiben oder eine ungewollte Schwangerschaft abzubrechen. Heute nutzt man ihn für dieselben Eigenschaften. Er erwärmt und entspannt den Unterleib und bringt die Menstruation in Fluss – besonders auch wenn nach Absetzen der Pille die Regel ausbleibt oder generell schwach ist.

Durch seine Bitterstoffe regt der Beifuß die Leber an und treibt u. a. die von der Pille verursachten Giftstoffe nach außen. Das entlastet die Leber und fördert die Blutbildung. Die Bitterstoffe unterstützen außerdem die Verdauung und machen fette Speisen bekömmlicher, weshalb er auch gerne in der Küche gebraucht wird.

Es werden die getrockneten Triebspitzen, Blätter und die Wurzeln verräuchert. Der Rauch gibt einen angenehmen bitter-würzigen Geruch, der entspannt und erdet. Er fördert die Intuition und intensiviert die Träume. So wie früher der Beifuß genutzt wurde, um in andere Welten zu reisen, kann man ihn heute dazu nutze, um sich von Verstorbenen (die sozusagen in eine andere Welt übergetreten sind) zu verabschieden. Beifuß hilft beim Loslassen und gibt Mut Neues zu starten. Er reinigt und schützt, wärmt, kräftigt, löst Anspannungen und wirkt heilsam auf allen Ebenen.
Beifuß lässt sich gut in Räucherbündel einbinden. Man kann aber auch einfach eine Handvoll getrockneter Blätter mit den Händen zu einem kleinen Knäuel rollen und in einem feuerfesten Gefäß anzünden.

Rose

Die Rose ist das Sinnbild von Liebe und Erotik. Sie ist die Königin unter den Blumen und den Göttinnen und Göttern der Liebe geweiht. Sie wird seit mehr als 2000 Jahren gezüchtet, weshalb es mehrere Tausend verschiedene Rosensorten gibt, die sich in Duft, Farbe, Form und Wuchshöhe unterscheiden.

Verehrt wurde die Rose aber schon viel länger. Die ursprüngliche wilde Form der Rose ist die Hundsrose – rosa canina, besser bekannt unter dem Namen Hagebutte. Die alten und wilden Rosenarten bilden noch Hagebutten aus, viele Kulturrosen sind heute steril.

Die Rose ist auch Namensgeberin einer ganzen Pflanzenfamilie, den Rosengewächsen. Zu dieser Familie gehören sehr viele Obstarten, die wir im Sommer und Herbst ernten. Wie z. B. Äpfel, Birnen, Erdbeeren, Brombeeren, Himbeeren, Kirschen oder auch Pflaumen.

Die neben der Rosa canina (Hagebutte / Hundsrose) am meisten in der Pflanzenheilkunde verwendeten Rosenarten sind die Rosa centifolia und Rosa damascena. Sie sind entzündungswidrig, unterstützen die Wundheilung, sind antimikrobiell, angstlösend und stimmungsaufhellend. Speziell in der Frauenheilkunde wird die Rose gerne zur Unterstützung bei Scheidenpilz, Scheidentrockenheit, bakteriellen Ausfluss, nach Dammrissen oder zur Narbenpflege genutzt.

Geräuchert werden die duftenden Blütenblätter ungespritzter Rosen, die anschließend getrocknet werden. Beim Räuchern haben sie leider keinen starken Eigengeruch und eignen sich deshalb besser in Mischungen wie z. B. Liebesmischungen aus Rose, Zimt, Orange, Styrax und Kardamom. Die Rose besänftigt, macht sinnlich, öffnet das Herz, fördert die Harmonie zwischen den Menschen, versöhnt und segnet.

  • Gänseblümchen (Bellis perennis; Blüten): öffnet das Herz und richtet auf, gibt Mut, beschützt auf eine ganz weibliche Weise (sehr gut für Themen, die sich um das innere Kind drehen), für Liebesräucherungen
  • Linde (Tilia cordata und Tilia platyphyllos; Blüten, Rinde, Blätter): beruhigen und entspannen, bringen Geborgenheit und das Gefühl von Sicherheit
  • Dost (Origanum vulgare; das blühende Kraut): stärkt die Nerven, entspannt, muntert auf, erhellt die Stimmung, reinigend, schützt vor bösen Geistern (bzw. vor Krankheiten – wegen der reinigenden Wirkung)
  • Lavendel (Lavendula officinalis / angustifolia; das blühende Kraut): bringt Klarheit und Fokus, desinfiziert und reinigt, beruhigt und entspannt, stärkt die Nerven
  • Immortelle (Helichrysum italicum; Blüten und Kraut): erdende, sinnliche, anregende Wirkung, es schenkt Wärme und unterstützt darin, Blockade zu lösen

Das war erst einmal meine allgemeine Einführung zum Jahreskreisfest Litha. Feierst du Litha? Wenn ja, wie? Lass es mich doch gerne in den Kommentaren wissen. Im nächsten Beitrag habe ich dann wieder eine Idee für ein Ritual sowie ein paar Sinnfragen für dich.