Fülle, Anerkennung und Abschied
Mabon bzw. die Herbst-Tagundnachtgleiche ist eins von 4 Sonnenfesten im Jahreskreis. Zum zweiten Mal in diesem Jahr steht die Sonne senkrecht über dem Äquator und für einen kurzen Moment ist der Tag genauso lang wie die Nacht. Im Frühling, wenn die Sonne vom Äquator aus in Richtung Norden „wandert“, werden die Tage länger. Ab jetzt wandert sie vom Äquator in Richtung Süden und die Nächte werden länger. Wir tauchen bis zum nächsten Frühling in die dunkle Jahreshälfte ein. Die Ereignisse, die in diesem Jahresabschnitt gefeiert werden, sind die Herbst- Tagundnachtgleiche und die eingefahrenen Ernten.
Herbst- Tagundnachgleiche
Mit dem Eintritt in die dunkle Jahreszeit verschiebt sich der Fokus von Außen nach Innen. Es beginnt die Zeit, in der man wieder mehr und vor allem auch abends zeitiger im Haus ist. Wir machen es der Natur nach und ziehen uns in innere Welten und in geistige Aufgaben zurück.
Während mit der Frühlings-Tagundnachtgleiche die Kräfte in der Natur nach Oben und Außen sprießen (und in der Yin-Yang-Lehre würde man sagen yang-iger werden), ziehen sie sich nun wieder nach Innen und Unten zurück und werden yin-iger.
Yang wird assoziiert mit Eigenschaften wie aus sich herausgehen, etwas Neues wagen, Neubeginn, Selbstvertrauen, Vitalität, Sonne, Tag, Helligkeit und Bewegung. Wohingegen man Yin mit Eigenschaften wie Innenschau, Stille, Rückzug, Nacht, Mond, Urvertrauen, Hingabe, Träumen, Genießen und Entspannen, Heilen, Gemeinschaft und Intuition verbindet.
Die Sonne wird nun ein letztes Mal geehrt und schließlich verabschiedet. Wir befinden uns auf der Schwelle zum Herbst und mit ihm dem Absterben der Vegetation.
Es ist Zeit, Abschied zu nehmen und sich innerlich auf den Winter vorzubereiten.
Tiere bekommen Winterfell und bereiten sich für den Winterschlaf vor. Zugvögel fliegen gen Süden. Die Pflanzenwelt zieht sich in ihre Wurzeln und unter die Erde zurück.
Der Herbst ist also auch eine Übungsstätte für diesen Bereich des Lebens und wenn man jedes Jahr den Sterbeprozess der Natur bewusst wahrnimmt, wird der eigene Tod dadurch ein Stück weit normaler und selbstverständlicher. Denn egal, was die Werbung uns vorgaukelt, Älterwerden und Sterben sind das normalste der Welt.
Letzten Endes war es das Wissen und die Gewissheit um den natürlichen Kreislauf des Lebens, das die Kraft gab, sich mit der Angst zu versöhnen und diese schwierige Phase des Abschieds zu durchstehen. Denn unsere Vorfahren waren Naturbeobachter. Sie sahen, dass jeden Frühling die Bäume wieder grün werden, die Pflanzen die Erdkruste durchbrechen und die Tiere zurück kommen. Das Leben schien nicht vorbei, sondern sich unter der Erde in einer nicht sichtbaren Welt im Bauch der Muttergöttin abzuspielen. Der Glaube an Wiedergeburt war deshalb naheliegend. Und wenn man ganz genau hinschaut, fällt einem auf, dass der Tod kein Ende ist. Im Absterbenden ist bereits schon das Neue enthalten: Die Knospen für das nächste Frühjahr sind bereits sichtbar und die komplette Erbinformation ist in den Samen enthalten. Das Neue ist also im Alten schon erhalten. Der Tod findet nur im sichtbaren Bereich über der Erde statt. Unter der Erde leben die Pflanzen weiter, um im Folgejahr wieder neu auszutreiben. Manch einer mag Melancholie empfinden, wenn die Sonne sich nun endgültig verabschiedet. Dabei hat der Herbst auch eine schöne und Freude erweckende Seite: Bunte Blätter fliegen fröhlich durch die Lüfte und die Natur beschenkt uns reich mit Nüssen, Kürbissen, Hagebutten, Äpfeln, Wein und anderen Früchten. Sie speichern die Sonnenkraft, mit der sie gereift sind.
Das Spinnen der Lebensfäden
Die letzten Erntearbeiten sind getan, das Wintergetreide ist ausgesät und das Weben in den Webstuben hat wieder begonnen. Der Altweibersommer hält Einzug und die Wiesen sind voll von Tau benetzten Spinnweben. „Altweibersommer“ hat im Übrigen nichts mit alten Frauen zu tun. Der Wortteil „weiber“ hat seinen Ursprung in einem alten Wort für „weben“. Unsere Vorfahren sahen in den vielen Spinnennetzen das grau glitzernde Haar der weisen Schicksalsgöttin, die nun langsam wieder beginnt, die Lebensfäden zu spinnen.
Die Mythologie hinter Mabon
Die Bezeichnung Mabon für dieses Jahreskreisfest ist noch gar nicht so alt. Sie stammt aus dem Neuheidentum und wurde in den 1970ern geprägt. Mabon wird von der keltischen Gottheit Maponos abgeleitet. Maponos ist der Gott der Jagd, der Fruchtbarkeit und des Lichtes. Mabon selbst ist eine Figur in einer walisischen Sage, also aus der walisischen Mythologie. Er ist der Sohn der Göttin Modron, die für die Übergänge in andere Jahreszeiten, aber auch in die Anderswelt zuständig ist. Es heißt, dass Mabon 3 Tage nach seiner Geburt geraubt wird. Seine Mutter Modron macht sich auf den Weg und sucht ihn. Schließlich finden ihn Amsel, Hirsch und Eule in der Anderswelt, im großen Bauch der Mutter Erde wieder.
Die Höhle der Erdmutter ist nicht nur ein magischer Ort, an den sich die Pflanzen und Tiere den Winter über zurückziehen, sondern auch ein Ort der Verwandlung und Transformation. Wenn man wieder raus kommt, ist man neu geboren!
Bei den Griechen gibt es einen ähnlichen Mythos. Es ist die Geschichte der Erntegöttin Demeter und ihrer Tochter Persephone.
Hades, Demeters Bruder und Gott der Unterwelt hatte sich in Persephone verliebt, sie entführt und unter der Erde versteckt. Demeter suchte sie verzweifelt. Als sie ihr Kind nicht wiederfand, war sie so voller Wut und Trauer, dass sie auf der Erde nichts mehr wachsen ließ. Die Erde glich einer Wüste. Daraufhin befahl Demeters Bruder und Göttervater Zeus, dass Hades Persephone wieder freigeben muss, vorausgesetzt, dass sie nichts in der Unterwelt gegessen habe. Als Persephone die Unterwelt verlies, steckte Hades ihr schnell 6 Granatapfelkerne in den Mund. Die Bedingung waren dadurch nicht mehr erfüllt und Persephone durfte von da an nur 8 von 12 Monaten mit ihrer Mutter verbringen. Die restlichen 4 Monate musste sie mit Hades unter der Erde leben. Demeter fand sich schließlich mit dieser Regelung ab und willigte ein, die Fruchtbarkeit der Erde wiederherzustellen, jedoch verfiel sie von nun an jeden Winter in Trauer und die Erde wurde wieder karg. Erst im Frühling, wenn Persephone zu ihr zurückkehrte, ließ sie die Natur wieder erblühen.
Das ist übrigens eine patriarchale Interpretation des Mythos. In einer älteren Version ist Hades eine weibliche Figur namens Pluto und somit findet man wieder die Dreifaltigkeit der Göttin. Persephone (in Weiß und als junge Frau), Demeter (in Rot und als fruchtbare Frau) und Pluto (schwarz und als weise Göttin der Unterwelt, aus der alles geboren wird).
Die Götter und Göttinnen dieses Jahreskreisfestes
Die Frage nach den Göttern und Göttinnen, die diesen Jahresabschnitt beherrschen, ist nicht ganz eindeutig zu klären, weil wir uns auf einer Schwelle befinden. Einerseits wird der Feuergott Lugh, der den letzten Jahresabschnitt regierte, verabschiedet (und mit ihm die Sonne) und es werden Erntegöttinnen und Jagdgötter verehrt. Andererseits spielt auch die Muttergöttin, die den Winter über alles Lebende in ihre große, unterirdische Bauchhöhle holt, eine Rolle.
3 typische Pflanzen für Mabon
Hagebutte/ Heckenrose (Rosa Canina)
Die Heckenrose ist die Urmutter vieler Rosenarten. Sie ist das Symbol für Dankbarkeit, Harmonie, Liebe, Sinnlichkeit und Fruchtbarkeit schlechthin.
Die Germanen umzäunten ihre heiligen Plätze, Opferstätten und Friedhöfe mit Heckenrosen. Der stachelige Strauch sollte vor bösem Zauber schützen. Man glaubte fest daran, dass die Heckenrose in der Lage sei, bösen Zauber zu entlarven und unwirksam zu machen. Wildrosen und somit auch Hagebutten sind wegen ihrer zarten, rosafarbenen Blüten der Liebesgöttin Freya zugeordnet und wurden früher nur freitags (Freyas Tag) gepflückt.
Da die Göttin Freya auch für Geburten « zuständig » war, vergruben die Hebammen zu Zeiten der Germanen die Nachgeburt unter einem Hagebuttenstrauch. Man glaubte, die Kinder bekämen davon roten Wangen (und blieben bei bester Gesundheit). In demselben Sinne schüttete man auch das erste Badewasser des Kindes unter eine Heckenrose.
Hagebutte in der Pflanzenheilkunde
Was ihre Heilwirkung angeht, ist die Hagebutte relativ breit aufgestellt. Am häufigsten setzt man sie zur Stärkung des Immunsystems ein. Sie zählt zu den lokalen Superfoods und hat mit rund 1000 mg Vit C pro 100 g Frischgewicht ungefähr 20 mal mehr Vit C als die Zitrone. Sie wirkt antiviral und findet bei Erkältungen, Bronchitis, Halsschmerzen oder allgemeiner Schwäche nach langen Krankheiten Anwendung.
Hagebutte räuchern
Die getrockneten Knospen, Blüten und Früchte öffnen das Herz und helfen, sich zu versöhnen und Groll aufzulösen. Angespannte Momente lösen sich auf und werden leichter. Ein ausgeglichenes, wohles Gefühl stellt sich ein. Die Heckenrose bringt Harmonie und stärkt die Sinnlichkeit.
Hafer (Avena sativa)
„Vom Hafer gestochen werden“ sagt man im Volksmund und meint damit Menschen, die überdreht, übermütig und etwas verrückt sind.
Der Ursprung liegt in der Pferdezucht, denn Hafer ist nicht nur ein richtig gutes Kraftfutter, sondern das in ihm enthaltene Alkaloid Avenin bringt in größeren Mengen die Pferde in einen rauschartigen Zustand, sodass man sie nur noch schwer bändigen kann. Hafer wurde schon von den Germanen als Kraftfutter angebaut.
Auch Leistungssportler mögen ihn, denn er verleiht ihnen die richtige Portion an Ausdauer und Power.
Hafer in der Pflanzenheilkunde
In der Pflanzenheilkunde nutzt man Hafer vor allen Dingen bei Erschöpfungszuständen. Wenn man nervlich oder körperlich am Ende ist, hilft eine Teekur mit Haferstroh oder einer Tinktur, um wieder zu Kräften zu kommen. Hafer macht Nerven wie Drahtseile! Man ist danach weniger anfällig für Stress und deutlich belastbarer. Auch zur Suchtentwöhnung bewährt er sich. Vor allem, wenn die Lust nach der Zigarette oder Alkohol die Nerven blank legt und nervös macht.
Hafer räuchern
Man räuchert beim Hafer das einzelne Korn oder die getrockneten Halme bzw. das Stroh. Haferrauch stärkt und baut auf. Er hebt die Stimmung, heitert auf und macht alles Schwere leicht. Er hilft, den Fokus nicht aus den Augen zu verlieren.
Engelwurz (Angelica archangelica)
Wer „Engel“ und „Erzengel“ im Namen trägt, muss zweifelsohne besonders sein.
Es heißt, der Erzengel Gabriel habe einem Einsiedler die Heilkräfte der Engelwurz zu Pestzeiten gezeigt, worauf hin sie ihren Namen erhielt.
Ursprünglich ist sie eine Pflanze des Nordens und wurde lange in Island und Skandinavien als Gemüse angebaut. Eigentlich ganz schlau, wenn man bedenkt, dass die Engelwurz durch ihre Furanocumarine lichtempfindlich macht und man dadurch in den Wintermonaten, wenn die Sonne fehlt und das Gemüt darunter leidet, die Sonnenkraft besser in sich aufnehmen kann.
Engelwurz in der Pflanzenheilkunde
In der Pflanzenheilkunde bezeichnet man die Engelwurz als Amarum aromaticum, aromatische Bitterstoffpflanze, denn ihre Wirkung geht hauptsächlich auf die ätherischen Öle und Bitterstoffe zurück. Sie hat 4 Wirkungsfelder: Das Verdauungssystem – vor allem bei krampfartigen Magen-Darm-Beschwerden mit Blähungen, die Frauenheilkunde – verbessert u. a. die Spermienqualität und den Eisprung, die Lungen – z. B. bei Husten, Bronchitis oder grippalen Infekten und auf die Psyche – v. a. bei Ängsten, Melancholie und nervösen Schlafbeschwerden. Dank der Bitterstoffe und ätherischen Öle ist Engelwurz Teil von Kräuterlikören und Magenbitter wie Chartreuse, Benediktiner, Klosterfrau Melissengeist und Boonekamp.
Engelwurz räuchern
Man räuchert die getrockneten Blüten und Wurzeln sowie die reifen Samen. Sie beschützt, hellt die Stimmung auf und schafft eine leichte Atmosphäre. Sie beruhigt, stärkt das Selbstbewusstsein, reinigt und wird außerdem auch in der Sterbebegleitung eingesetzt.
Weitere Pflanzen für Mabon
- Hopfen (Humulus lupulus; junge Blätter, weibliche Hopfenzapfen): beruhigend, schlaffördernd, entspannt, hilft neue Ideen umzusetzen bzw. zu wagen, macht lebensmutig und inspiriert, stärkt die Nerven
- Holunderbeeren (Sambuci fructus): macht Mut und stimmt zuversichtlich, für Übergänge aller Art (neuer Arbeit, neue Wohnung, neue Beziehung, Jugendweihe, Wechseljahre, Trennung, …), segnet, beschützt, heilsam, stärkt von innen heraus
- Weißdornfrüchte (Crataegus fructus): öffnet und weitet das Herz, spendet Trost, hilft beim Loslassen, unterstützt beim Überkommen von traurigen / leidvollen / schicksalshaften Momenten im Leben, hilft das Schöne zu sehen, gibt Lebenslust
- Hirtentäschel (Capsella bursa-pastoris; Kraut): gibt Willensstärke, hilft dabei, auf seine Bedürfnisse zu achten, schafft Klarheit, weitet die Sinne, entspannt
Feierst du Mabon? Wenn ja, wie? Lass es mich doch gerne wissen in den Kommentaren.