Als ich im Oktober meine To- Want- Liste bis Ende Dezember schrieb, stand dort unter anderem, dass ich eine herbstliche oder weihnachtliche Geschichte schreiben möchte. Ich habe tatsächlich noch eine weihnachtliche Geschichte geschrieben, die ich nun mit dir teilen möchte. Sie handelt von einer Postkarte, die leider erst mit dreiwöchiger Verspätung bei ihrer Empfängerin angekommen ist. Ich wünsche dir ganz viel Spaß beim Lesen.


Ich bin zu spät dran! Ganze drei Wochen! Ist das denn zu glauben?! Wenn ich nur drei Tage Verspätung hätte, ok, dann würde ich vielleicht gar nichts sagen. Oder ich würde mich zumindest nicht so extrem aufregen. Ich meine, in Postkartenkreisen ist es ja bekannt, dass es vor Weihnachten immer passieren kann, dass es die Post nicht rechtzeitig schafft. Wenn heute der 27. oder 28. Dezember wäre, würde ich gar nichts sagen. Wirklich nicht. Aber heute ist der 18. Januar. Weihnachten ist bald ganze vier Wochen her! Wer denkt denn jetzt bitte noch an Weihnachtskarten oder Weihnachtsgeschenke?! Und trotzdem liege ich heute hier, in einem kalten, dunklen Briefkasten. Außer mir liegen hier noch ein paar Kataloge mit den neuesten Frühjahrs- und Sommertrends. Ein paar Rechnungen sind auch noch dabei. Dabei habe ich weder was mit Frühjahrs- und Sommermode am Hut (passt ja so gar nicht zu mir) und mit Rechnungen auch nicht. Die mag ich nicht besonders. Schließlich soll ich ja Freude bringen und Rechnungen sind ja eher das Gegenteil. Auf Poststellen sind das immer die Muffköpfe in den Körben. Eigentlich hätte ich mit ein paar anderen Weihnachtskarten, kleinen Briefumschlägen mit Überraschungen oder Flyern für Neujahrsparties hier liegen sollen. An Weihnachten hätte ich dann zusammen mit anderen Karten auf dem Kaminsims oder wo auch immer meine Empfängerin mich hinstellt, stehen sollen.

Wisst ihr, wo ich stattdessen lag? Auf dem Postamt! Die haben mich tatsächlich vergessen, so einzusortieren, dass ich dem Empfangspostamt zugestellt werden kann. Vorgestern hat man mich dort entdeckt. Zum Glück war mein Finder so freundlich, mich gleich mit der nächsten Sendung rauszuschicken. Ich glaube, ich tat ihm ein wenig leid. Zumindest machte er so eine Äußerung. Hätte aber auch anders kommen können. Ich meine, ich hätte an jemanden geraten können, der mich einfach wegwirft. Ist unter Briefen und Postkarten kein Geheimnis, dass das mal passiert, wenn wir viel zu spät dran sind. Meine Empfängerin rechnet jetzt mit Sicherheit nicht mehr. Vielleicht ist sie sogar traurig.

Oh, Moment, ich glaube, da kommt jemand. Vielleicht…ja, ja, es ist meine Empfängerin. Sie nimmt die Post …. Ja, sie freut sich. Sie lächelt und sieht irgendwie auch ziemlich erleichtert aus. Endlich, nach drei Wochen bin ich, die Postkarte ihrer Oma, bei ihr angekommen. Das ist auch mein schönster Moment: endlich kann ich den Menschen, für den ich gedacht war, erfreuen.