Die Wintersonnenwende – auch Yule oder Jul – ist eins der 4 Sonnenfeste im Jahreskreis. Es ist das Pendant zur Sommersonnenwende und dauert ebenfalls 12 Tage und Nächte. In dieser Zeit steht das Jahresrad still. So wie die Sommersonnenwende bildlich gesprochen den Keim der Dunkelheit in sich birgt – die Sonne hat ihren höchsten Stand auf der nördlichen Halbkugel erreicht, es ist der „längste“ Tag und die „kürzeste“ Nacht – so trägt die Wintersonnenwende den Keim des Lichtes in sich. Es ist die Rückkehr bzw. Wiedergeburt des Lichtes und ein Fest der Hoffnung: Das Helle hat über das Dunkle gesiegt. Von nun an würden die Tage wieder länger werden. Im Nordischen bedeutet „Iul“ so viel wie „Rad“ und gefeiert wird in dieser Nacht die Wiedergeburt des großen Himmelsrads, der Sonne. In dieser längsten und dunkelsten Nacht des Jahres wird das Licht der Welt, die Sonne, (wieder)geboren, die Tage werden ab sofort wieder länger und das Schlimmste für unsere Ahnen war überstanden und die Hoffnung auf den nächsten Frühling und Sommer wurde wieder größer. Es ist nicht ganz leicht, sich vorzustellen, wie hart der Winter für unsere Vorfahren gewesen sein muss, als es noch kein elektrisches Licht gab. Die Tage und Wochen vor der Wintersonnenwende sind besonders dunkel: Von 16 h nachmittags bis 8 h morgens war es finster und die Natur war in eine mit Schnee bedeckte Winterstille gebettet. Der raue Wind tobte, Raubvögel zogen ihre Kreise, um Futter zu finden. Diese Zeit bezeichnet man auch als Sperr- oder Dunkelnächte. Bis vor etwas mehr als hundert Jahren war die einzige Art und Weise, künstliches Licht zu haben, die offene Flamme. Die Glühbirne wurde erst Ende des 19 Jh. erfunden. Im 18. Jh. nutzte man Öllampen mit Docht und Kerzen. Zu diesen Zeiten waren die Menschen noch sehr viel mehr mit dem Naturrhythmus verbunden. Sie wussten, dass die Sonne am 21.12. auf der nördlichen Halbkugel ihren tiefsten Stand erreicht hat und sie konnten es kaum erwarten, dass die Lichtstunden wieder zunahmen, um wieder in die helle Jahreszeit einzutauchen, denn ab dann würde alles wieder etwas einfacher werden. Wärme und Licht würden neue Nahrungsmittel heranreifen lassen. Die Wintersonnenwende und die Zeit zwischen den Jahren ist aber auch ein Moment der Ruhe. Pflanzen, Tiere und Menschen regenerieren ihre Kräfte und erholen sich.


Die Vegetationsgöttin, die zu Samhain zur Erdgöttin wurde und in die Unterwelt, das Erdinnere, zog, behütet dort den Winter über die schlafenden Tiere, Pflanzen, Mineralien und die Verstorbenen. In der dunkelsten und stillsten Stunde des Jahres – zur Sonnenwende in der Mittwinternacht – gebiert die aus ihrem Schoß das Sonnenkind. Den Jahreskreiskönig. Die Rückkehr des Lichts ist aufs Engste mit der symbolischen Wiedergeburt Baldurs, des Lichtgottes der nordischen Mythologie, verbunden. Baldur ist ein Sohn des germanischen Götterkönigs Odin und dessen Gattin Frigg. Diese Geburt symbolisiert die Rückkehr der Sonne und den Sieg des Lichtes über das Dunkle. Man nennt die Nacht der Wintersonnenwende auch „Mutternacht“, aus dem Althochdeutschen „Modranecht“. Die Mutternächte sind den Frauen und Mutter Erde gewidmet. So wie die Mütter Kinder aus ihrem Schoß gebären, so entstehen Pflanzen und Mineralien aus der Erde. Neues Leben keimt auf. In den verschiedenen Kulturen, Regionen und Epochen tauchen überall ähnliche Bilder auf: In früheren Kulturen wurde meist die Sonne direkt verehrt. Es gab Feuer, Tänze und Feste, um sie aus der Dunkelheit herauszulocken. Bei den Christen werden die Wiedergeburt der Sonne und die damit verbundene Hofinung durch das Jesusbaby verkörpert. Der Name JUL-Fest oder JOL-Fest in den nördlichen Ländern zeigt den Zusammenhang zum Urgott aller Götter, zu Odin, der auch den Beinamen JOLNIR trägt.

Odin ist in der nordischen Mythologie der höchstverehrteste unter den Göttern. Der Gott der Götter. Er ist der Gott, der nach Wissen und Erkenntnis strebt. WOTAN bedeutet „der Wütende“ oder „der Rasende“ und so kann man ihn sich auch vorstellen: Er erhängt sich 9 Tage lang im Weltenbaum, um in den verschiedenen Welten reisen zu können, sie kennenzulernen und ihr Wissen in sich aufzusaugen. Heute nutzen Hexen Misteln gern für ihre Wintermagie und natürlich hangen wir sie gern über unsere Türen um Liebe anzuziehen und den begehrten Kuss für immerwährende Liebe darunter zu bekommen.

Der Donnergott Thor oder Donnar ist Odins ältester Sohn. Er wird mit Hörnern, Pferdefüßen und Hämmern in den Händen dargestellt. Er kämpft gemeinsam mit seinem Vater gegen Riesen, Ungeheuer und krankheits- erregende Dämonen. (Odin selbst taucht übrigens auch in allerlei heilenden Zaubersprüchen und im Neunkräutersegen auf.) Thor liebt Bier. Wenn er mit seinen Hämmern die Donnerkeile durch den Himmel jagt, blitzt und donnert es. Den Regen nennt man „Wolkenbier“. Es segnet die Erde mit Fruchtbarkeit. Die Hauswurz ist dem Donnergott zugeordnet. Früher pflanzte man sie auf Dächer und ums Haus, um den Blitz abzuleiten.

Frau Holle ist die große Muttergöttin, die auf der Schwelle zwischen dem Hierseits und der Anderswelt steht und sich in beiden Welten bewegen kann. Sie nimmt die Verstorbenen in Empfang und schickt die jungen Kinderseelen wieder auf die Erde zurück. Deshalb spielte sie bereits zu Samhain, dem Fest der Ahnen, eine wichtige Rolle. Frau Holle ist auch eine Wettergöttin. Sie herrscht über die 4 Elemente (Feuer, Wasser, Luft und Erde) und über die Jahreszeiten:

  • schüttelt sie Betten auf, schneit es
  • wenn sie Wäsche wäscht, regnet es auf der Erde
  • wenn sie Feuer macht und kocht, gibt es Nebel
  • wenn sie Brot oder Plätzchen bäckt, verfärbt sich der Himmel rot

Weißtanne
Eine wild gewachsene Tanne kann bis zu 50 m in den Himmel ragen und wenn man so einen Riesen vor sich sieht, fällt es einem plötzlich ganz leicht zu verstehen, warum unsere Vorfahren und andere Kulturkreise Bäume so verehr(t)en und sie als Wohnstätte der Götter oder Tore zu den Göttern bezeichneten.

Die Tanne hemmt Entzündungen, stärkt das Immunsystem, beruhigt die Nerven, hilft Schleim zu lösen und heraus zu fördern, tötet Viren und Bakterien, regt die Durchblutung an und unterstützt bei rheumatischen und arthritischen Gelenkproblemen. Für heilkundliche Zwecke werden die Nadeln, die jungen Triebe, das Harz und die jungen Zapfen genutzt. Das atherische Tannenol wird durch Wasserdampfdestillation aus den Zweigen und Nadeln gewonnen. Es wird nur sehr sparsam und immer verdünnt angewendet. Es ist ein schönes Öl für die Erkältungszeit und wenn im Winter die Nerven von zu viel Arbeit etwas brach liegen.

Im Grunde lassen sich alle Teile der Tanne verräuchern. Ich finde, am schönsten entfaltet sich der Duft auf dem Räucherstövchen. Für das Harz kann man auch Räucherkohle nutzen. Der Tannenrauch schenkt Geborgenheit, erhellt die Stimmung und belebt, ummantelt ganz heimelig und macht ruhig. Auch Krankenzimmer wurden damit ausgeräuchert, um Bakterien und Viren zu entwaffnen.

In Österreich und Deutschland werden Weißtannen immer seltener, weshalb man sie nur in mikrokleinen Dosen und nicht auf Vorrat sammeln sollte oder ganz und gar auf die Fichte ausweicht.

Holzapfel
Überreste von Apfelkernen aus archäologischen Stätten zeugen, dass Menschen seit mehr als zehntausend Jahren Wildäpfel in ganz Europa und Westasien sammelten. Von den Kelten wissen wir, dass sie bereits Mus, Saft und Essig daraus herstellten und Apfelscheiben für den Winter trockneten. Der Apfel war bis auf sehr wenige Ausnahmen das einzige Obst, das dem Menschen auch im Winter zur Verfügung stand. Mit dem Christentum wurde der Apfel als Frucht der Sühne und der Verführung verdammt. Vorher jedoch war er ein Symbol für Unsterblichkeit und Weisheit. Der Apfel gehört zu den Rosengewächsen und wird deshalb den Liebes- und Fruchtbarkeitsgöttinnen zugeordnet. Auch zu Frau Holle besteht ein Zusammenhang: So ruft doch der Apfelbaum „Schüttle mich, schüttle mich, meine Äpfel sind alle längst reif.“, als die Mädchen am ihm vorbeikommen.

In der Pflanzenheilkunde nutzt man einen Auszug der Knospen (man nennt das Gemmotherapie). Es ist vor allem ein Frauenheilmittel, das unterstützend bei menstruellen Beschwerden eingesetzt wird. Der Apfelknospenextrakt wirkt außerdem beruhigend, löst Ängste und Nervosität und verbessert die Gehirndurchblutung, weshalb er die Konzentration fördert. In der Volksheilkunde kocht man einen Tee aus Apfelschalen, um zu beruhigen, die Nerven zu stärken, die Verdauung anzuregen und Harn und Schweiß zu treiben. Dazu gibt man 2 EL getrocknete Apfelschalen auf 1 Tasse heißes Wasser, lässt es abgedeckt 10 min. ziehen und trinkt anschließend 3 Tassen pro Tag. Natürlich hat ein ungespritzter und ungewachster Bio-Apfel – am besten aus dem eigenen Garten – roh ganz viele positive Eigenschaften auf unsere Gesundheit. Es heißt ja nicht umsonst „An apple a day keeps the doctor away,“ (Wenn man jeden Tag einen Apfel isst, bleibt der Arzt fern.). Er fördert die Verdauung, bindet Giftstoffe im Darm, hemmt Entzündungen, senkt den LDL-Cholesterinwert im Blut und wirkt gefalschützend und er unterstützt die Blutgerinnung. Er enthalt viele wichtige Vitamine und Mineralien und fördert einen basischen Saure-Basen-Haushalt.

Geräuchert werden können die getrockneten Blüten, die Rinde, das Holz und die Knospen. Ein Räucherstöchen eignet sich dazu am besten. Traditionell mischt man den Apfel gerne Liebesräucherungen bei. Der Duft belebt, regt sanft an und stärkt innerlich. Natürlich nicht auf eine dynamische Art, wie ein Kaffee es tun würde, sondern eher elegant tanzend wie eine Liebesgöttin. Das Licht aus dem Dunkel steht dabei auch dafür, dass aus jedem Dunkel, aus jedem Chaos unseres Lebens neues Licht und neue Hoffnung entstehen kann, aus dem Herzschmerz und Kummer, den wir manchmal erleben müssen. Yule ist ein Versprechen, dass wir, wie der Phönix aus der Asche, aus einer Situation die hoffnungslos und komplett zerstört erscheint, zu neuem Leben erwachen können. Ein Versprechen, dass in jedem Dunkel auch ein Lichtschimmer, ein Moment der Freude und Hoffnung enthalten ist, den wir finden können. Ein Symbol dafür, dass wir in einer dualen Welt leben, die aus Hell und Dunkel, aus Auf und Ab besteht und sich diesem Mix nichts und niemand entziehen kann.

Alant
Wie kleine Sonnen halt der Alant seine Blüten Richtung Himmel. Die Blüten und Wurzeln werden gerne zur Wintersonnenwende geräuchert, um die Sonne zu wecken und ihr Licht zum Strahlen zu bringen. Gesammelt werden die Blüten allerdings bereits im Sommer.
In vielen Regionen sind sie Teil des Kräuterbuschens, der am 15. August zu Mariä Himmelfahrt gesammelt wird. Die Wurzel wird im Herbst gegraben. Die Pflanze sollte mindestens 2 Jahre alt sein. (Der Alant blüht im ersten Jahr nicht. Das ist ein guter Indikator, um zu wissen, dass die Pflanze mindestens im 2. Lebensjahr ist.)

In der Pflanzenheilkunde zählt der Alant in erster Linie zu den Lungenpflanzen. Er lindert Hustenreiz, löst Schleim, hemmt Entzündungen, wirkt antibiotisch und stärkt das Immunsystem.

Wichtig: Alant ist ein Korbblütler und kann bei bekannter Korbblütlerallergie Reaktionen auslösen. Auch während der Schwangerschaft sollte man auf andere Lungenpflanzen ausweichen.

Alant wirkt segnend, heitert auf, stärkt das Selbstbewusstsein, erwärmt und öffnet das Herz. Er tötet Keime und reinigt die Atmosphäre. Früher nutzte man den Alantrauch auch, um Heilwerkzeuge oder Amulette zu segnen. Man verräuchert hauptsächlich die Wurzel. Er duftet herrlich balsamisch und kann alleine oder in Mischungen geräuchert werden.

Räuchern war früher eine ganz normale Tradition. Man räucherte sich selbst, die Familie und Haus und Ställe aus.

Lichtbringende Kräuter, um die Geburt des Sonnenkönigs zu ehren und das Licht der Sonne hervor zu kitzeln oder zu stärken:

  • Johanniskraut (Hypericum perforatum; Blüten, blühendes Kraut): hellt die Stimmung auf, beruhigt, beschützt, stärkt von innen heraus
  • Königskerze (Verbascum densiflorum; Knospen, Blüten, Samen): ermutigt, hellt die Stimmung auf, bei Spannungen
  • Engelwurz (Angelica archangelicae; Samen, Blüten, Wurzeln): schenkt Licht und beschützt, stärkt das Selbstbewusstsein, schafft eine leichte Atmosphäre.

Für die Rückschau denke ich an Pflanzen, die entspannen und einen klaren Geist machen. Das bieten sich in dieser Jahreszeit die Nadelbäume an:

  • Kiefer (Pinus sylvestris, alle Teile): entspannt und stärkt die Nerven und macht gleichzeitig einen klaren Geist, schützt und reinigt
  • Wacholder (Juniperus communis; getrocknete Beeren, Holz, Harz, junge Triebe): reinigt die Atmosphäre und tötet Keime, schützt, stärkt und regt die Selbstheilung an, verbessert die Konzentration, wird genutzt, um in Kontakt mit seinen Ahnen zu kommen, macht bodenständiger

Um das Weibliche / das Gebärende / Erschaffende zu ehren:

  • Rose (Rosa damascena; Blüten): öffnet das Herz und lässt das Schöne sichtbar werden
  • Beifuss (Artemisia vulgaris; Blätter, Triebspitze, Wurzeln): wärmt, stärkt das Weibliche in uns, gibt Kraft und schützt

Um neues Willkommen zu heißen, eignen sich Pflanzen, die das Loslassen erleichtern und Mut machen:

  • Bio-Orangenschalen (kann man sehr gut selbst trocknen): die passen eigentlich auch in die Frauen- und Sonnenkategorie, sie
  • erwärmen, hellen auf, machen Mut, entspannen und erleichtern das Loslassen
  • Rosmarin (Rosmarinus officinalis; Triebe, Blätter, verholzte Stängel): offnet das Herz, macht Mut und fördert den Tatendrang, hilft beim Loslassen und trauern, segnet, heitert auf
  • Weissdorn (Crataegus monogyna; Blüten, Blätter, Früchte): öffnet den Herzraum und gibt Mut, Neues zu wagen, unterstützt beim Trauern und dadurch beim Loslassen

Feierst du Yule und wenn ja, wie feierst du es? Worauf wird dein Fokus dieses Jahr liegen? Ich bin gespannt auf deine Kommentare!